Swisscom Ratgeber Benutzerhandbuch
Das Dokument ist ein Ratgeber für digitale Medien und behandelt Themen wie Vorbilder, Informationsflut, Big Data und Selbstdarstellung. Es richtet sich an Eltern und Kinder und bietet hilfreiche Tipps zum Umgang mit digitalen Medien.
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«Hier und jetzt»
Vorleben, nicht predigen
Wegweiser im Datenmeer
Gib Data – Big Data
Selber denken ist sexy
Vorwort
des Herausgebers
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER
Digitale Medien begleiten uns pausenlos. Und wir proben den
Umgang mit ihnen nun schon eine geraume Weile. Trotzdem bleibt es unsere Verantwortung, den Umgang mit digitalen
Medien weiter auszuprobieren, zu lernen, zu reflektieren und fortwährend anzupassen. Das ist uns nicht immer bewusst – egal ob Eltern, Kinder oder Lehrpersonen.
Genau deshalb widmen wir diese enter-Ausgabe den Herausforderungen im Hier und Jetzt. Dazu haben wir vier Themen ins
Zentrum gestellt und Antworten auf die Fragen gesucht, die diese Themen an uns stellen: Wie bin ich ein gutes Vorbild? Wie finde ich in der Informationsflut innert nützlicher Frist passgenaue, wahre Informationen? Was bedeutet Big Data im Familienalltag? Und wie entstehen aus Fakten aus dem Internet Lösungen in unseren Köpfen?
Die ausgewählten Themen sollen die Diskussion in Ihrer Familie befruchten. Digitale Medien und ihre Entwicklung bleiben spannend. Und zur gleichen Wortfamilie gehört auch Spannung. Das erlebe ich selber Tag für Tag – als Mitarbeiter von Swisscom und als Vater von zwei kleinen Kindern.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen spannende und erkenntnisreiche Momente im Kreise Ihrer Lieben und grüsse Sie herzlich.
Michael In Albon
Jugendmedienschutz-Beauftragter Swisscom AG
Inhalt –
hier entlang
>>
VORBILDER
08 Wir entwickeln uns – ein Modell
09 Ihr Medientyp ist gefragt – ein kleiner Test
12 Eltern – neue Rollen braucht das Land
>>
INFORMATIONSFLUT
32 Googeln geht über Studieren
33 Suchen und Finden im WWW
>>
MEIN, DEIN, UNSER
18 Eigenes geht über Kopiertes
19 Plagiate vermeiden – braucht Strategie
>>
BIG DATA
22 Daten – wahrlich Big
25 Gespräch mit Daniel Neuhaus – Perspektive des
Big-Data-Verantwortlichen von Swisscom
>>
KURZWEIL
04 2015 – typisch Teenager
28 2035 – Smartphone? Gibt’s nicht.
16 Fakten – so nutzen Jugendliche Medien
>>
SWISSCOM CORNER
38 Ausprobieren – nützliche Tools von Swisscom
3
JUGEND VON HEUTE –
SELBSTVERSTÄNDLICH DIGITAL
Wie sieht eigentlich im Jahr 2015 der typische Tag eines Teenagers aus? Gian-Luca, 16, hat für uns einen
Mittwoch festgehalten.
Im Unterricht arbeite ich mit meinen Klassenkameraden weiter an einem
Gruppenvortrag. Mit dem Handy fotografiere ich die Notizen für
meine Unterlagen. Die Ergebnisse
präsentieren wir als Video.
Ich setze den Kopfhörer auf, starte meine Lieblingsmusik auf dem Handy und gehe aus dem
Haus. Im Bus zur Schule checke ich meine Mailbox und Whats-
App. Meinen Fussballkollegen schicke ich eine Audionachricht zum Training am Nachmittag.
Mein Handy weckt mich. Fünf Minuten später klopft mein Vater an die Tür, damit ich nicht wieder einschlafe.
Wir frühstücken zu dritt: ich, meine
Schwester und mein Vater. Meine
Mutter ist schon weg. Smartphone,
Tablet und so sind am Tisch tabu.
Den Rest des Morgens arbeiten wir ohne digitale Geräte. Unsere
Lehrerin sammelt alle Handys ein.
Und gibt sie uns erst bei
Schulschluss zurück.
Ich esse mit meinem besten Freund
zusammen in der Mensa zu Mittag.
Meine Schwester kommt manchmal auch mit, aber heute ruft sie an und sagt, dass sie mit ihrem Freund
abgemacht hat.
Unser Trainer informiert uns über den
Mannschafts-Chat, dass wir ausnahmsweise auf
dem grossen Platz
trainieren.
Cool!
5
Meine Mutter schaut kurz rein: In einer halben Stunde gibt es Nachtessen. Im Chat melde ich an, dass ich bei der nächsten Gelegenheit aussteigen muss. Eine Viertelstunde später ist es schon so weit. Ich skype noch kurz mit meiner Freundin.
Ich erhalte eine Chat-Nachricht: In unserem Onlinegame ist mein Clan fast vollständig, um eine neue Schlacht zu schlagen. Zwei fehlen noch – ich chatte sie an.
Fünf Minuten später sind wir alle konzentriert am Gamen.
Warte vor der
Kabine auf Joël. Checke die
News, um zu sehen, ob unsere
Nati die Qualifikation geschafft hat. Und schaue kurz bei Whats-
App rein – nichts Wichtiges.
Auf dem Heimweg, im Bus, repetiere ich auf meinem Handy Französischvokabeln – mit der Lernkartei von Quizlet. Morgen haben wir einen Test. Zu Hause fahre ich meinen
Laptop hoch und arbeite am Gruppenvortrag weiter – ich kürze den Clip, er ist noch zu lang.
Ich lese noch ein paar Seiten im neuen
Comic. Danach:
Licht aus.
Nachtessen mit der Familie.
Alle erzählen von ihrem Tag.
Heute bin ich mit Küchendienst dran und räume nach
dem Essen die Küche auf.
Mein Nachbar muss wieder nach Hause.
Danach chille ich noch ein wenig mit einem Freund von nebenan.
Wir machen zuerst etwas Musik – ich spiele
Gitarre, mein Freund singt. Anschliessend schauen wir uns Clips auf Youtube an und ergänzen unsere Playlists.
Ich checke kurz mein
Handy; schaue, was im
Klassenchat gelaufen ist und verabschiede mich für heute.
Stelle den Wecker und aktiviere den Flugmodus.
8
Wir entwickeln uns –
immerfort
Identität macht uns einzigartig. Durch unsere Eigenheiten unterscheiden wir uns. Ist Identität aber von Natur aus gegeben?
Wie wir uns entwickeln, gibt nicht einfach die Natur vor. In jeder Etappe unseres Lebens sammeln wir Erfahrungen und verarbeiten Erlebnisse – so lernen wir. Und unterscheiden uns.
Bei allen Eigenheiten, die uns voneinander unterscheiden, ist jedoch etwas im Wesentlichen gleich: die prägenden Herausforderungen, denen wir
Menschen uns stellen. Davon geht das Stufenmodell der psychosozialen
Entwicklung nach Erik H. Erikson aus.
Im Modell, das der Psychologe 1966 publizierte, wird jede Lebensphase durch einen prägenden Konflikt bestimmt.
Identität entwickeln
Jeder Konflikt ist eine Aufgabe. Wer sie löst, macht einen Schritt und entwickelt sich. Wer sie nicht löst, ist für den nächsten Schritt noch nicht bereit. Nach Erikson entwickelt der
Mensch in der späten Jugend und im frühen Erwachsenenalter eine stabile
Identität. Und stabile Identität heisst:
Das Individuum kennt seine Rolle und seine Aufgaben in der Gesellschaft und nimmt sie wahr. Identität ist somit auch Selbstverwirklichung.
Auf dieses sichere Fundament baut die weitere Entwicklung.
Wie wir Vorbilder wahrnehmen
Wir entwickeln uns. Das heisst, wir verändern uns. Vorbilder, auch mediale, nehmen wir im Laufe der
Zeit anders wahr. Kinder betrachten
Vorbilder zuerst als gleichgestellt – sie reflektieren nicht. Mit der Zeit erkennen sie, dass ihre Vorbilder konstruiert sind, beginnen immer stärker, zu reflektieren, bis sie sie schliesslich mit ihren eigenen Handlungen und ihrem Leben abgleichen. Eine wichtige Veränderung, gerade in Bezug auf die Medienerziehung. Deshalb wird das Stufenmodell von Erikson um diese Ebene ergänzt.
Machen Sie die Probe aufs Exempel, reflektieren Sie Ihre Medienhaltung und erkennen Sie, wie vorbildlich Sie mit digitalen Medien umgehen. Nutzen Sie die Erkenntnisse, um in der Familie das Medienverhalten aller Mitglieder zu diskutieren. Und in einem nächsten Schritt vielleicht am Arbeitsplatz?
Welcher
Medientyp sind Sie?
1
2
A
B
C
Ich bin nur geschäftlich im Netz, privat nie.
3
A
B
A
B
Ich besitze immer das neuste technischen Finessen.
C
C
Mir sind andere Dinge wichtig.
Auswertung auf Seite 15.
4
A
B
C
7
A
B
C
C
5
A
B
C
6
A
B
Acht Stufen
der Entwicklung
Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung nach Erik H. Erikson
Mein Thema
Baby
0–1
«Ich habe grosse
Hoffnung, anzukommen.»
Kleinkind
2–3
«Ich will dieses
Spielzeug!»
Vorschulkind
3–6
«Ich will ins
Fussballteam!»
Schulkind
7–12
«Ich gewinne die
Schulmeisterschaft!»
Mein Konflikt
Tugenden nach der Krise
Meine
Beziehung zu (medialen)
Vorbildern
Urvertrauen oder
Misstrauen?
Hoffnung und
Vertrauen
Autonomie oder
Scham und Zweifel?
Willensstärke und
Selbstkontrolle
Meine Bezugspersonen sind meine
Vorbilder. Ihre Handlungen kopiere ich.
Initiative oder
Schuldgefühl?
Ziel und Richtung
Medienfiguren nehme ich als leibhaftige Freunde/
Gefährten wahr.
Eifer oder
Unterlegenheit?
Kompetenz und
Methode
Ich erkenne: Medienfiguren sind konstruiert, aber ich unterscheide nicht zwischen
Schauspieler und Figur.
Mit der Zeit verstehe ich: Dargestelltes und
Erlebtes sind nicht identisch. Ich spinne
Gedanken fort, verknüpfe Handlungen.
Jugendlicher
12–18
«Meine Familie und meine Freunde werden stolz auf mich sein!»
Junger Erwachsener
20er
«Ich mag sie; ich lade sie zu einem Date ein.»
Identität oder Ablehnung? Intimität oder Alleinsein
Treue und Loyalität Liebe und Bindung
Ich habe immer mehr
Vorbilder, es sind «Stars», ich bewundere sie. Über sie tausche ich mich mit
Freunden aus. Immer häufiger hinterfrage ich jedoch
Eigenschaften meiner Vorbilder und übernehme nur, was mich überzeugt. Das ergänze ich mit meinen eigenen Überzeugungen.
Reale Partner sind mir wichtig. Ich messe mich immer weniger an medialen Vorbildern.
Mittleres Lebensalter
20–50er
«Ich sorge dafür, dass meine Familie glücklich ist.»
Reifes Lebensalter
50+
«Ich habe aus jedem
Fehler gelernt und aus jedem Schritt, den ich gemacht habe.»
Fortpflanzung oder
Stillstand?
Fürsorge und
Reproduktion
Integrität oder
Verzweiflung?
Weisheit und Verzicht
Meine Überzeugungen stehen im Fokus.
Die Wertvorstellungen meiner Vorbilder reflektiere ich. Wenn sie für mich passen, imitiere ich sie.
11
Ein neues
Rollenbild
Kinder fordern ihre Eltern gnadenlos heraus. Das zwingt sie, sich auch mit ihren Schattenseiten auseinanderzusetzen. «Im Umgang mit digitalen Medien liegt darin eine Chance», erkennt Elterntrainerin Kathrin
Buholzer. «Kinder und Erwachsene lernen so voneinander.»
Nur noch schnell die Mails checken.
Einschlafen vor dem Fernseher. Kinder
übernehmen Verhaltensmuster, auch in der Mediennutzung. Erste Erfahrungen mit Medien machen Kinder in der Regel in der Familie. Je jünger sie sind, desto mehr werden sie im Medienkonsum durch die Eltern geprägt.
Kinder beobachten und imitieren – so lernen sie. Ein grosser Teil der
Erziehung geschieht also sozusagen
«zwischen den Zeilen». Wie gehen
Eltern miteinander um? Wie mit anderen Erwachsenen? Mit Kindern?
Und eben – mit Medien? Wie Eltern sich verhalten, prägt die Medienkompetenz ihrer Kinder weit mehr als
Worte und einseitige Regeln. Werden verständliche, gut begründete Regeln aber von der ganzen Familie gelebt, halten sich auch Kinder an sie.
Musikplayer, Spielkonsole, Bibliothek,
Videothek, Zeitung, TV, Shoppingcenter und direkte Verbindung zu den
Freunden. Eltern sollten sich deshalb mit ihren Kindern darüber unterhalten, was diese mit ihren Handys so alles anstellen.» Viele Erwachsene sind überzeugt, dass Kinder digitale
Medien öfter und intensiver nutzen als Erwachsene. «Dafür sind Eltern lebenserfahrener und können Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien beibringen. Gemeinsam entwickelt man so Medienkompetenz», entgegnet Buholzer. Und fügt an: «Kinder brauchen medienkompetente Vorbilder.» Schlecht also, wenn die Eltern ständig vor dem Fernseher sitzen, wenn sie über Computer oder
Handy fortlaufend Unterhaltendes konsumieren. Ungefragt Bilder ihrer Kinder in sozialen Plattformen posten. Denn wie sollen Kinder so die
Grenzen gesunder Mediennutzung erkennen?
Vorbild sein
«Nur, wenn Mütter und Väter verstehen, was die Faszination von
Smartphones und Internet ausmacht, können sie begreifen, was in ihren
Kindern vorgeht, und sie richtig anleiten», erklärt Kathrin Buholzer –
Elterntrainerin, Internet-Nanny mit der eigenen Elternseite
elternplanet.ch
und selber Mutter. Sie fügt an: «Das
Smartphone ist ein Multifunktionsgerät – es ist gleichzeitig Telefon,
Einmal ist keinmal?
Sehen kleine Kinder einen Zeichentrickfilm, sind sie wie gebannt.
Spielen sie am Tablet, sind sie hoch konzentriert. Vor dem Bildschirm erstarren selbst wildeste Wildfänge und Zappelphilippe. Praktisch für die
Eltern: Das Kind bleibt still. Ein willkommener Effekt, den wohl die meisten Eltern schon zu ihrem Komfort genutzt haben. Buholzer verurteilt das nicht pauschal: «Hin und wieder ist das auch okay, es wird den Kindern nicht schaden. Aber es ist wichtig, dass Kinder lernen, die Medien zu beherrschen. Eltern übrigens auch.»
Wie das geht?
Reden, reden, reden
«Es ist wichtig, sich für die eigenen
Kinder zu interessieren», stellt die
Elterntrainerin fest. Das dürfte den meisten Eltern klar sein. «Eltern müssen sich wirklich interessieren, nicht ausspionieren. Denn wenn Eltern mit ihrem Kind über seine Interessen und Erlebnisse mit Medien sprechen, erfahren sie mehr darüber, was ihr
Kind beschäftigt, und verstehen seine Perspektive besser.» Dies sei auch ein guter Moment, die eigenen
Standpunkte zu vertreten und Kinder dafür zu sensibilisieren. Das stärke das gegenseitige Vertrauen. Und das führt gemäss Kathrin Buholzer dazu, dass Kinder sich bei Problemen eher an ihre Eltern wenden. Zusammengefasst heisst das also: Kinder vor digitalen Medien abschirmen zu wollen, nützt nicht viel. Entscheidend ist, die Medienkompetenz aller Familienmitglieder zu stärken. Und eine offene Gesprächskultur ist dafür eine gute Basis.
13
>> Kathrin Buholzer
ist Pädagogin, Eltern-Trainerin, Internet-Nanny und
Mutter von zwei Mädchen im Alter von 11 ½ und 13 Jahren. Seit 2008 betreibt sie die Eltern-Ratgeber-Seite elternplanet.ch, auf ihrem You- tube-Channel gibt sie wertvolle Erziehungstipps und auf Facebook bauen rund 30’000 Interessierte auf ihren Rat.
ELTERN
• Soziale Kompetenz und Lebenserfahrung
• Bessere technische
Urteilsfähigkeit
• Vorsicht und Bedenken von Konsequenzen
• Gehirn: ausgereifter
Neokortex
MEDIEN-
KOMPETENZ
KINDER
• Schnelle Lernfähigkeit und Anwenderkompetenz
• Abenteuerlust
• Jugendlicher Leichtsinn
• Kommunikations- und
Selbstdarstellungsdrang
• Gehirn: nicht ausgereifter
Neokortex
Medienumgang ist Erziehung
Eltern sind die natürlichen Fachleute fürs Kindererziehen. Dass sie diese
Rolle annehmen, ist wichtig. Denn
Kinder orientieren sich an Vorbildern.
Im Umgang mit digitalen Geräten nehmen viele Eltern ihre Vorbildrolle nur bedingt wahr – oder zumindest deutlich weniger ausgeprägt als etwa bei der Ernährung oder beim Verhalten. Vielleicht, weil sie wissen, dass sie selbst den richtigen Weg noch nicht gefunden haben? Weil sie für sich noch keine befriedigende Antwort auf eine immer drängendere Frage gefunden haben? Sie lautet: Bestimme ich selber darüber, wann ich mein
Smartphone nutzen will? Oder drängt mich das Gerät dazu, mich mit ihm zu beschäftigen? Die richtige Balance zu finden und in der Familie zu besprechen, ist eine grosse Herausforderung für Eltern. Bei kleinen Kindern kann das auch heissen, einfach mal
«Nein!» zu sagen. Bei Jugendlichen, sich den
Diskussionen zu stellen. Eltern versuchen oft, den Kindern eine heile Welt vorzugaukeln. Diese können aber gut damit umgehen, dass sich Menschen und ihre Werte unterscheiden. Bei den Grosseltern etwa gelten ganz selbstverständlich andere Regeln als zu Hause.
Fazit:
Was, wann, wie, wie oft? Diese Fragen müssen immer wieder neu ausgelotet, Varianten neu diskutiert werden.
Erziehung heisst: sich laufend annähern, nichts stur durchziehen. Das gilt gerade in Bezug auf den Gebrauch digitaler Medien.
WELCHER MEDIENTYP SIND SIE? DI
E AUSWERTUNG:
A
Medien verwenden Sie sehr bewusst
Sie ein gutes Vorbild für Ihre Kinder
. Sie machen nicht jeden Trend mit und haben eine klare Meinung zu aktuellen En twicklungen. Damit sind sich über digitale Medien informier t und was man hinterfragen sollte. So stärken Sie Ihre Kinder darin, eigene
Vorlieben in der Medienwelt zu entwi
ckeln, sich zu informieren und Angebote g ezielt auszuwählen.
Lassen Sie sich von Ihren Kindern auch mal v erführen. Schalten Sie den
«pädagogisch wertvoll»-Filter mal ab und en tdecken Sie, was Ihre Kinder amüsiert, interessiert, ärgert.
B
Medien sind Ihr Leben. Sie nutzen sie of aus. Sie glauben an das Gute. Sie ber t und gern und kennen sich damit zur Mediennutzung stellen. Im Gespr
äch mit Ihren Kindern erfahren Sie die neusten Trends und was die Jungen v on heute interessiert.
Schalten Sie in der Freizeit die Medien mal aus
. Zeigen Sie Ihren Kindern, dass es wichtig ist, nicht immer err eichbar zu sein. Und entdecken Sie zusammen spannende Welten ohne Medien
.
en
C
Auf Medien können Sie gut verzich ten. Damit leben Sie Ihren Kindern v or, wie man sich auch ohne digitale Helf er gut beschäftigen kann. Allein: Das kann dazu führen, dass sich Ihre Kinder bei
Fragen zu digitalen Medien eher an andere wenden oder versuchen, alleine zur echtzukommen.
Überlegen Sie sich: Wer aus Ihrem Umf eld könnte ein guter Ansprechpartner sein – für Ihre Kinder und für Sie? En tdecken Sie die Medienwelt mit
Ihren Kindern gemeinsam. Vielleich t ist ja doch etwas für Sie dabei?
15
Chatten, surfen,
Freunde treffen
Fast jeder besitzt eins – ein Smartphone. Surfen ist deshalb Alltag.
Jederzeit und überall. In der Welt der Schweizer Jugendlichen zwischen
12 und 19 Jahren geht ohne Handy nichts mehr. Trotzdem: Echte
Begegnungen bleiben beliebt.
79 % nutzen Videoportale als
Informationskanal im
Internet, vor Suchmaschinen.
16% der Mädchen und der Jungen haben schon einmal Pornofilme auf dem
Handy oder Computer angeschaut.
87% sind mit dem Handy täglich oder mehrmals pro Woche im Internet.
bewegen sich täglich oder mehrmals pro Woche im Chat eines Messengers wie WhatsApp.
der Schweizer
Jugendlichen besitzen ein Smartphone.
79 % treffen sehr häufig
Freunde
trotz Smartphone, Tablet und Co.
62 % der Jungen
gamen
allein, aber nur
32 % der Mädchen.
89 % sind in mindestens einem sozialen
Netzwerk angemeldet und
81 % haben die
Privatsphäre-
Einstellung aktiviert.
2 Stunden
verbringen Jugendliche unter der Woche täglich im Internet,
3 Stunden
am Wochenende und in den Ferien.
67 % der Jungen und 46 % der
Mädchen ab 14 Jahren haben bereits einmal brutales Videomaterial auf dem Handy oder
Computer gesehen.
>> Quelle: JAMES-Studie 2014
Seit 2010 werden von der
Zürcher Hochschule für
Angewandte Wissenschaften
ZHAW im Auftrag von Swisscom alle zwei Jahre über 1000
Jugendliche im Alter von 12 bis
19 Jahren in den drei grossen
Sprachregionen der Schweiz zu ihrem Medienverhalten befragt.
swisscom.ch/james
17
Alles nur
geklaut
Heute finden wir schnell Informationen, die noch vor wenigen Jahren nur schwer zugänglich gewesen wären. Da denkt sich mancher: Kopieren geht über studieren. Das scheint effizient. Aber ist es verantwortungsbewusst? Bringt es etwas und ist es rechtens?
Einen Vortrag, eine Hausaufgabe oder eine Semesterarbeit erstellen geht heute schneller denn je: Schüler oder Studenten geben die wichtigsten Suchbegriffe bei Google ein, wählen aus den ersten paar Seiten, die auf ihrem Bildschirm landen, die besten aus, kopieren die passenden
Abschnitte und setzen sie zu einer neuen Arbeit zusammen. Fertig ist das Referat.
Alles so bequem
Sie lesen es durch und denken vielleicht: «Das habe ich aber treffend formuliert.» Vor allem aber sind sie erst mal erleichtert, denn sie haben eine Arbeit erledigt und können zur nächsten übergehen. Es steht ja noch genug auf dem Wochenplan. Am nächsten Tag aber, in der Schule, sind sie doch nicht mehr so überzeugt:
«Was ist, wenn die Kolleginnen und
Kollegen Fragen stellen? Und ich keine Antworten kenne? Weil ich mich nicht intensiv mit der Materie auseinandergesetzt habe? Ich könnte ja nicht einmal den Inhalt meines
Vortrages mit eigenen Worten wiedergeben.» Und: «Stimmt überhaupt, was ich erzähle? Ist meine Arbeit wirklich so gut?»
Meist geschieht das Unfassbare: Niemand bemerkt es; eventuell wird der
Schüler sogar gelobt. In diesem Moment fasst er den Entschluss: «Beim nächsten Mal mache ich es genauso.»
So könnte es laufen. Denn Schüler und Studenten haben immer weniger
Zeit und suchen nach effizienten Wegen, ihre Arbeiten zu erledigen. Und kopieren schon mal etwas Bestehendes. Das kann aber fatal enden. Denn je häufiger sie mit Copy-and-paste erfolgreich sind, desto stärker eignen sie sich diese Arbeitsweise an. Es ist ein Teufelskreis: Je besser das
Kopieren gelingt, desto regelmässiger tun sie es. Je regelmässiger sie ihre
Arbeiten zusammenkopieren, desto mehr verlernen sie, selber zu denken.
Und je weniger sie selber denken, desto weniger Selbstbewusstsein entwickeln sie.
ALLES, WAS RECHT IST
Wie darf man denn Texte verwenden? Was erlaubt das Gesetz? Was wird bestraft?
Die Antwort scheint auf den ersten
Blick einfach. Denn das Urheberrecht sagt: Sie brauchen eine Erlaubnis für jede Verwendung eines geschützten
Werks. Und das heisst: Jeder der
Texte, Musikstücke, Filme, Bilder, Fotografien, Computerspiele oder andere
Werke kopiert oder vorträgt, auf eine
Plattform hochlädt oder anderweitig verwenden will, braucht eine Erlaubnis des Urhebers, also des Künstlers.
Und dabei spielt es keine Rolle, ob das
Kopierte Kunst ist oder nicht.
Wer aus Bequemlichkeit Ergebnisse von Dritten übernimmt, ohne sich an ihrem Aufwand zu beteiligen, verhält sich nicht nur unfair, sondern verstösst damit gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Zitieren hingegen ist erlaubt: Sie dürfen Stellen aus veröffentlichten
Werken wörtlich wiedergeben. Und so Ihre Arbeit erläutern oder veranschaulichen. Wichtig ist einfach, dass
Sie Ihre Quelle nennen und klar markieren, was und wen Sie zitieren.
(Quelle: «Urheberrecht und verwandte
Schutzrechte», Februar 2015.
Eidgenössisches Institut für Geistiges
Eigentum, ige.ch)
DIE ARBEITSTECHNIK: SO
VERMEIDEST DU PLAGIATE
Quellenangaben
Belege Quellen immer sorgfältig – auch Internetquellen.
Exzerpieren
Erfasse die Quellen schon beim
Sammeln – samt haargenauen
Details: Links, Werk, Seitenzahl.
Markieren
Grenze schon beim Sammeln wörtliche Übernahmen und eigene Worte klar ab – etwa indem du eigene
Gedanken und Kommentare in eckige
Klammern schreibst.
Paraphrasieren
Fasse gefundene Inhalte in eigenen
Worten zusammen.
Die Suchtechnik
Kommt dir bekannt vor, was du gerade liest? Traust du der Sache nicht? Diese Websites entlarven
Kopierwütige:
plagiatefinder.de plagiarisma.net
19
noch angesagt?
Eine Mutter, ein Lehrer und eine Schülerin antworten
KATHRIN BANSLEBEN,
50, SOZIALPÄDAGOGIN,
MUTTER VON ZWEI
KINDERN
Wie verarbeiten Sie recherchierte
Unterlagen für Hausarbeiten oder
Präsentationen?
Grundsätzlich ist es mir wichtig, aus einer Fülle von Informationen, aus verschiedenen Kanälen, die entscheidenden Informationen zusammenzusuchen und mit meinen eigenen
Erkenntnissen zu ergänzen. Das ist einfacher, wenn man Zeit hat, sich mit der Recherche zu befassen und eben nicht nur das Internet, sondern auch
Bücher verwenden kann. Und: Es fällt einfacher, zu Themen zu recherchieren, die einem am Herzen liegen – da folgt man der eigenen Neugier und benutzt nicht gleich die erstbeste Information aus dem Netz.
Wie vermeiden Sie es, in die Bequemlichkeitsfalle zu tappen, also zu kopieren statt zu studieren und zu kreieren?
Eine gesunde Skepsis ist wichtig. Denn erstens ist nicht alles wahr, was man im Netz liest. Und zweitens vertreten auch Journalisten und Autoren immer eine eigene Meinung. Deshalb sollte man sich nie nur auf eine Quelle verlassen.
Wie fühlt es sich an, wenn Sie etwas
Neues geschaffen haben?
Manchmal bin ich einfach erleichtert, dass ich etwas abgeschlossen habe.
Aber manchmal, wenn viel Herzblut in einem Thema steckt, bin ich stolz und zufrieden.
THOMAS FEDERSPIEL,
42, OBERSTUFENLEHRER
UND SCHULLEITER, VATER
VON DREI KINDERN
Wie haben Sie das gelernt?
Von meinem Vater, auf dem Gymnasium und im Studium. Wir hatten viele
Bücher zu Hause und mein Vater hatte wenig Verständnis für Oberflächlichkeit. Ich habe gelernt, nachzuschlagen,
Informationen zu suchen, zu hinterfragen und zu verarbeiten. So habe ich es auch an meine Kinder weitergegeben.
Im Studium habe ich gelernt, wie ich mit Informationen aus dem Netz oder aus Büchern umgehen und wie ich sie kennzeichnen muss.
Wie verarbeiten Ihre Schülerinnen und
Schüler recherchierte Unterlagen für
Hausarbeiten oder Präsentationen?
Sie verarbeiten die Unterlagen je nach
Fach und Lernziel unterschiedlich, jedoch immer nach dem standardisierten Verfahren: Lesen / Schlüsselwörter markieren / Einteilung in Sinnabschnitte / Titel zu jedem Abschnitt /
Kurzzusammenfassung.
Wie haben sie das gelernt?
Dieses Verfahren wird teilweise bereits in der Primarschule eingeführt und auf der Sekundarstufe weiterentwickelt. Wir führen das schrittweise ein, es beginnt mit dem Lesen mit Leuchtmarker. Wir können nicht umgehen, dass die Unterlagen immer gedruckt werden müssen. Der Schlüssel ist für mich auch das ständige Überarbeiten von Arbeiten.
LADINA SCHMID,
12½, SCHÜLERIN,
7. KLASSE
Wie vermeiden Sie, dass Ihre Schülerinnen und Schüler in die Bequemlichkeitsfalle tappen – also kopieren statt studieren und kreieren?
Es bedarf einer Kontrolle. Die verwendete Sprache der Schülerinnen und
Schüler reicht oft aus, um die Jugendlichen zu ertappen. Bei grösseren
Arbeiten überprüfe ich Textstellen via Suchmaschine und konfrontiere die Verfasser mit dem Ergebnis. Als
Konsequenz fordere ich das Überarbeiten und/oder mache einen massiven
Abzug in der Bewertung.
Wie verarbeitest du recherchierte
Unterlagen für Hausaufgaben oder
Präsentationen?
Ich schaue, was wichtig ist, streiche es an und nehme es in meinen Vortrag oder Text auf. Was nicht so wichtig ist, lasse ich weg. Und dann erweitere ich alles mit meinem eigenen Wissen zum Thema.
Wie hast du das gelernt?
In der Schule. Und ich habe selber gemerkt: Wenn zu viel in einem Text ist, platzt dir der Kopf. Wenn du aber weniger nimmst und es ergänzt, dann ist der Text spannender.
Wie vermeidest du es, zu kopieren statt zu studieren und selber etwas zu kreieren?
Ich lese etwas zum Thema oder spreche mit Leuten, die drauskommen, und das setze ich dann in eigenen Worten so zusammen, dass es Sinn macht.
Was beobachten Sie: Wie fühlen sich
Ihre Schülerinnen und Schüler, wenn sie etwas Neues geschaffen haben?
Sie sind auf jeden Fall stolz auf ihre geleistete Arbeit. Am besten beobachten wir das bei der Abschlussarbeit im
Projektunterricht in der dritten Sek – da sind ihre Arbeiten ihre Babys.
Wie fühlt es sich an, wenn du etwas
Neues geschaffen hast?
Es ist so wie: Jetzt ist es erledigt. Jetzt hast du es geschafft! Und du hast es gut gemacht und bist stolz darauf, wie du es gemacht hast.
21
Wir sind Sammler
und Jäger
Heute werden Billionen von Daten gesammelt und gespeichert.
Nun haben wir begonnen, sie zu verarbeiten, zu verbinden und aus- zuwerten. Damit geht eine neue Welt auf – Big Data. Was tragen wir dazu bei? Und wie finden wir uns darin zurecht?
Im Netz sind weder Mütter, Väter noch Kinder eine Person – sie sind viele. Sie sind Kunden oder Auftraggeber, sie sind in unterschiedlichen Netzwerken und auf diversen Plattformen, sie beobachten und bewerten, sie schreiben und kommentieren. Sie geben sich diverse Nutzernamen und posten, was zur Person passt, die sie verkörpern wollen. Sie hinterlassen Spuren.
Ich sammle, also bin ich?
Wir haben den Überblick verloren, wo wir überall Spuren hinterlassen. Spuren von Begegnungen, Handlungen, Entscheidungen und Ereignissen. Unser digitales Ich und das unserer Kinder, das sind unsere Gedanken auf WhatsApp, unsere
Gefühle als Emoticons, Emojis und Likes, unsere Erlebnisse, die wir auf Instagram teilen, unsere Einkäufe in Onlineshops, unsere Suchanfragen auf Google, unsere privaten Beziehungen auf Facebook oder unsere geschäftlichen auf LinkedIn. Wer da alles unsere Daten sammelt? Keine Ahnung – oder nur eine dunkle.
Welche Daten?
Wir hinterlassen also Spuren in Form von Daten. Davon unterscheidet man zweierlei: Daten, die zeigen, was wir tun, und Daten, die zeigen, wie wir es tun.
Das Was ist der Inhalt; die Suchbegriffe zum Beispiel, die wir bei Google eingeben, unsere Adresse, unsere Schuhgrösse, unsere Hobbys oder welche Musik wir hören. Das Wie hingegen ergründet etwa, wann wir uns einloggen, wie viel wir youtuben, wo wir uns gerade aufhalten.
>> Was ist ein Algorithmus?
Algorithmen sind clevere mathematische Gleichungen, die ein bestimmtes Problem lösen – Schritt für Schritt. Vergleichbar mit Zahnrädern: Sie greifen ineinander, setzen die erste Mechanik in Bewegung, die zweite und so fort, bis ein Ergebnis vorliegt. Und sie tun das schnell. Sehr schnell.
>> Das Internet der Dinge?
Nicht nur Menschen nutzen das Internet – fügen Daten hinzu und rufen sie ab.
Auch Geräte und Sensoren werden mit dem Web verbunden und nutzen es automatisch. Das Auto etwa, das einen Servicebericht an die Werkstatt übermittelt, oder die Paketverfolgung der Post im Netz.
Wo laufen die Datenfäden zusammen?
Anhand der Daten, die wir hinterlassen, beginnen
Unternehmen, sich ein eigenes Bild von uns zu machen. Versicherungen, Krankenkassen und
Kreditgeber sammeln etwa Daten – nicht uneigennützig. Sie wollen «hohe Risiken» ausschliessen. Kunden also, bei denen sie mehr zahlen, als sie zurückbekommen. Aber auch Detailhändler sammeln Daten, damit sie ihr «Sortiment an die Kundenbedürfnisse anpassen» können und
Kunden «zufriedener» sind.
>> Wie stellen Sie sich dar?
Wann immer Sie und Ihre
Kinder aktiv Daten preisgeben: Überlegen Sie sich, wer diese Daten sehen kann und wie sich Ihr Bild verändert.
Woher kommen Daten?
Einerseits geben wir selber Informationen preis. Andererseits wissen zum
Beispiel die Ortungsdienste in unseren Smartphones immer, wo wir uns aufhalten – sie kennen unseren Wohnort, unseren Schulort, unseren Arbeitsort und erfassen selbst die Art, wie wir uns fortbewegen. Auch Alltagsgegenstände werden zunehmend mit einem Sensor bestückt und produzieren Daten.
«Internet der Dinge» heisst diese Verbindung von analoger und digitaler Welt.
23
>> Welche Strategie wählen Sie?
1) Sie geben so wenig wie möglich preis.
2) Sie stellen sich möglichst gut dar.
3) Sie geben alles Mögliche von sich preis – Richtiges und Falsches.
So bleibt Ihr Profil diffus.
>> Eine kleine Übung
Halten Sie kurz inne und reflektieren Sie Ihren gestrigen Tag. Gern auch zusammen mit Ihrem Kind. Wie haben Sie gestern Ihr digitales Ich gepflegt? Was haben Sie von sich preisgegeben? Und wie? Nutzen Sie dazu zum Beispiel die App Offtime
(siehe Seite 38). Sie analysiert, wie Sie Ihr Handy benutzen: Welche App, wann und wie lange? Wie oft sind Sie online?
Die Daten gehören mir. Wirklich?
Daten sind Teil der Persönlichkeit und laut Gesetz bestimmt jeder selber über deren Nutzung und Verbreitung. Wir stimmen etwa zu, wenn wir in einem Laden einkaufen oder eine Website besuchen. Bei besonders sensiblen Daten, die mit religiöser oder politischer Überzeugung, Gesundheit, Hautfarbe, Sozialhilfe oder einer Straftat zu tun haben, müssen wir zu ihrer Nutzung ausdrücklich
«Ja!» sagen. Allerdings untergraben wir die Vertraulichkeit sensibler Daten teilweise selber, indem wir etwa Fitness- und Ernährungs-Apps nutzen, die unseren Gesundheitszustand immer sichtbarer machen.
AGB – das Buch mit sieben Siegeln.
Mit jedem Häkchen bei allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geben wir
Rechte auf. Unsere Daten können gesammelt, gespeichert, analysiert oder gar weiterverkauft werden. Weil AGB meist sehr umfangreich in unverständlicher
Sprache verfasst sind, lesen wir sie selten. Aber selbst wenn wir sie lesen und verstehen würden – wir könnten sie nicht verhandeln. Denn es gilt: Wer akzeptiert, ist dabei, wer nicht akzeptiert, bleibt aussen vor.
>> In eigener Sache
«Nicht alle AGB sind gleich unverständlich. Diejenigen von Coop oder Swisscom zum Beispiel zeigen ziemlich transparent auf, was mit gesammelten Daten gemacht wird.»
(Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich, in
«NZZ
Toolbox » Mai 2015)
>> Noch eine kleine Übung
Wo haben Sie letzte Woche
Informationen zu Ihrer Gesundheit preisgegeben? Bedenken Sie: Auch eine Einkaufsliste oder die Kreditkartenabrechnung in der Apotheke kann durchaus etwas aussagen.
Meine Daten kriegt ihr nicht!
Um möglichst keine Spuren zu hinterlassen, müssten wir auf vieles verzichten:
Wir dürften keine Kreditkarte nutzen, an keinem Bonusprogramm teilnehmen, im Internet weder suchen, noch einkaufen, noch Werbung betrachten und keine sozialen Netzwerke benutzen. Oder wir können auf Anbieter umsteigen, die unsere Daten nicht sammeln. Eine totale Anonymisierung ist jedoch kaum möglich.
>> Möglichst anonym?
Anbieter, die keine Daten sammeln, gibt es etwa für Suchmaschinen,
Internetbrowser, Mail- und Kartendienste.
Prism-break.org
listet Alternativen nach Betriebssystemen auf.
Nachgefragt
gut noch schlecht»
Daniel Neuhaus ist Head of Big Data und leitet das Business
Intelligence Center (BIC) von Swisscom. Wir haben mit ihm gesprochen.
Herr Neuhaus, Sie haben selber eine
Tochter und zwei Söhne zwischen sechs und sechzehn – was müssen
Kinder und Jugendliche wissen im
Zusammenhang mit Big Data?
Nun, sie haben natürlich keinen direkten Bezug zu Big Data. Man muss sie aber sensibilisieren und ihnen immer wieder klarmachen, was mit Daten gemacht werden kann, die sie offenlegen: Soziale Medien sind öffentlicher
Raum – auch wenn du das Gefühl hast, es ist auf deinem Telefon. Alles was du heute am Computer machst, ist öffentlich. Das ist, wie wenn du es auf der Strasse offenlegen würdest.
Ist das Jugendlichen nicht längst bekannt?
Sie vergessen es immer wieder. Nehmen wir zum Beispiel Facebook: Ich halte meine Tochter an, nur Anfragen von Personen anzunehmen, die sie kennt. Damit ist sie nicht ganz einverstanden. Ich frage sie dann: Also würdest du jetzt mit dieser Person, wenn du draussen wärst, zu McDonald’s gehen? Nicht? Wieso lässt du es dann auf Facebook zu? Nur, um möglichst viele Freunde zu haben?
Damit nerven Sie Ihre Tochter bestimmt.
Es führt zu interessanten Diskus- sionen. Es wäre natürlich einfacher, wegzuschauen. Denn es erfordert extrem viel Energie von Eltern, diesen
Konflikt, diese Situation auszuhalten.
Aber solche Diskussionen sind wichtig, damit unsere Kinder verstehen, wie die digitale Welt funktioniert.
Haben wir denn überhaupt noch
Macht über unsere Daten?
Das kommt auf unsere Einstellung an. Es ist eine Frage von: Welche Wahl respektive welche Entscheidung treffe ich? Was gebe ich von mir frei, in welchen Foren bewege ich mich etc.? Treffe ich den Entscheid, etwas von mir preiszugeben, dann gebe ich die Kontrolle aus der Hand. Anders gesagt: Ich vertraue meine Daten
Dritten an. Die Technologie ist ja nichts Böses. Vergleichbar mit einem
Sackmesser: Ich kann damit einen
Apfel halbieren oder aber Reifen aufschlitzen. Genauso verhält es sich mit
Big Data. Dieses digitale Sackmesser, respektive die technischen Hilfsmittel, sorgt für viel Komfort, der mir das
Alltagsleben erleichtert. Meine Daten sind oft der Preis dafür.
25
>> Daniel Neuhaus
ist Betriebswirt und Informatiker und seit fast 20 Jahren auf dem Gebiet der Analytik tätig. Er arbeitete in diversen Unternehmen in der Schweiz und in Deutschland und verantwortet seit 2008 das Big
Data und Business Intelligence Competence Center bei Swisscom.
Auch Swisscom besitzt massenhaft
Daten. Was machen Sie damit?
Wir gehen von einer Welt aus, in der
Menschen immer online sind:
«Always on». Wir analysieren die
Daten in Bezug auf unsere Infrastruktur, unsere Produkte, damit wir eine
Topqualität sicherstellen und unseren
Kunden die besten Erlebnisse in der digitalen Welt bieten können. sogenanntes Ethik-Board. Fünf Personen sind in diesem Board. Und sie beurteilen von Fall zu Fall, was ethisch vertretbar ist. Gerade auch in Hinblick auf Jugendschutz oder
«Schulen ans Internet
». Und in dritter Instanz braucht es für die Freigabe eines
Big-Data-Projekts die Zustimmung der Konzernleitung. Diesen drei- stufigen Freigabeprozess erlegt
Swisscom allen Big-Data-Projekten auf – Rechtsabteilung, Ethikkommission und Konzernleitung.
Swisscom will ja aber auch verkaufen!
Natürlich. Aber auch dabei geht es darum, Antworten zu finden auf die
Fragen: Was ist der Kundennutzen?
Und wie können wir das Erlebnis verbessern? Unsere Analysen orientieren sich immer entlang der
Kundenbedürfnisse.
Wie ähnlich ist uns unser digitaler
Doppelgänger eigentlich wirklich?
Schwierig zu sagen. Heute ist es wohl ein digitales Bild mit einigen Attributen, die auf Basis von Algorithmen berechnet wurden. Je mehr Daten wir
über uns produzieren, desto ähnlicher wird uns unser Avatar. Wenn wir je-
Sie sind ja nicht frei. An welche Vorschriften müssen Sie sich halten?
Natürlich strikt an die Gesetze: Datenschutzgesetz, Fernmeldegesetz,
Kartellgesetz, Vertragsrecht und Arbeitsrecht. Damit gibt sich Swisscom aber nicht zufrieden. Denn, was okay ist für das Gesetz, ist es aus ethischer
Perspektive nicht unbedingt. Deshalb setzen wir in zweiter Instanz auf ein
>> Moore’s Law
Nach den Regeln von Moore’s
Law vervierfacht sich die Speicherkapazität eines Computers alle drei Jahre und alle dreieinhalb Jahre verzehnfacht sich die
Geschwindigkeit. (wissen.de)
«Es sind Daten, es sind Algorithmen,
nicht die
Wahrheit.»
doch von künstlicher Intelligenz sprechen, hat unser digitaler Doppelgänger wohl den geistigen Horizont einer
Kakerlake. Dies wird sich in Zukunft
ändern, wenn wir an Moore’s Law
(Infobox) denken. Jedoch wird auch
Moore’s Law in der heutigen Form an physikalische Grenzen stossen und vielleicht durch Quantencomputer ersetzt. Wo das hinführt, können wir uns heute nur ganz schwer vorstellen.
Die Daten sind also heute auch fehlbar?
Heute ja. Das ist ein ganz wesentlicher
Punkt: Es sind Daten, es sind Algorithmen, nicht die Wahrheit. Denn wo Informationen fehlen, werden sie durch unsere anscheinenden Vorlieben gefüllt. Dahinter stehen Berechnungen: Wenn A und B zutreffen, dann ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass jemand C entspricht – es könnte aber auch D sein. Oder in den Alltag
übertragen: Wenn wir etwas liken oder nach bestimmten Suchbegriffen recherchieren, schliesst etwa Google daraus, dass wir so sind.
«Ich sage immer: Informationen sind mächtig, aber die Art, wie wir sie nutzen, wird uns definieren.
»
Die Rechtsabteilung von Swisscom tauscht sich regelmässig mit Bundesvertretern aus. Fliesst Ihr Wissen zum Stand der Entwicklung in die
Gesetzgebung ein?
Wohl bedingt, die Technologie entwickelt sich extrem schnell, die
Gesetzgebung aber erfolgt langsam.
Es ist deshab von zentraler Bedeutung, dass hier eine Debatte entsteht.
Zum Beispiel, wie bereits erwähnt, zu:
«Wer hat die Kontrolle über unsere
Daten? Wie wird unsere Privatsphäre sichergestellt?» Und diese Debatte wird nicht einfach werden.
27
LERNEN, LACHEN,
LEBEN IM JAHRE 2035
Im Jahr 2035 ist Lisa 16 Jahre alt.
Ein Smartphone hat sie mal im Museum gesehen.
Montagmorgen, sieben Uhr, Sunita weckt mich mit meinem Lieblingssong. Ich nehme mein Smartglass vom Nachttisch und
Sunita projiziert sich als 3-D-Hologramm vor mein Bett. Sie erinnert mich daran, dass ich meine Sportsachen einpacken soll fürs
Vollokayballtraining.
7.00 Uhr
Sunita
Persönliche Assistenten vergessen nichts, filtern die Datenflut und denken mit.
Donnerstag, 5. April 2035
Guten Morgen, Lisa!
Smartglass
Der Nachfolger des Smartphones ist hauchdünn und unkaputtbar.
7.30 Uhr
Ich gehe ins Bad, putze die Zähne und lasse den automatischen Gesundheitscheck laufen. Die Ergebnisse erscheinen auf dem Spiegel – wie immer sind sie gut. Sunita erinnert mich daran, dass der
Bus in 10 Minuten kommt. Also habe ich noch Zeit fürs Zmorgen.
Am Küchentisch esse ich ein Honigbrot und schaue meinem Vater über die
Schulter. Er hält ein flaches elektronisches Papier aus Kunststoff in der Hand und liest Zeitung. Gerade lässt er sich einen Beitrag vom Autor selbst vorlesen.
Jetzt muss ich los!
7.45 Uhr
Vollokayball
Der Ball schwebt, sodass es vor allem auf die Technik ankommt.
Und es geht ums Vollokaysein – also darum, mit anderen live etwas zusammen zu machen.
29
Nomedia
Was heisst es, unabhängig zu leben – ohne Technik und Assistenten?
Die Schüler probieren es aus.
8.15 Uhr
Den Elektrobus steuert ein Computer. Selbst ans Steuer setzt sich heute fast niemand mehr. Leise und sicher werde ich durch die
Stadt gefahren. Ich lese auf meinem Smartglass die Neuigkeiten meiner Freunde und der
Digicrowd – Sunita hat sie für mich gefiltert.
Und ich überlege, was wir am Nachmittag im
Vollokayball machen – ich trainiere ein paar
Viertklässler zusammen mit meiner besten
Freundin. In der Schule haben wir heute auch eine Stunde Nomedia – dann dürfen wir keine
Bildschirme dabeihaben, auch keine persönlichen Assistenten.
Der Bus hält, und ich muss lachen, als ich am Strassenrand den animierten Trailer für die neue Komödie mit Stress sehe.
Der soll früher ja mal gerappt haben. «Du musst aussteigen», reisst mich Sunita aus meinen
Gedanken.
8.30 Uhr
QuerBrain
Gesellschaft, Umwelt, Wirtschaft –
Schüler denken quer und finden spannende Ansätze.
Danach ist es Zeit für ein neues QuerBrain. Jeden
Monat bekommt meine Klasse eine Challenge, in der wir querdenken sollen. Das Ziel: neue
Lösungsansätze finden für Herausforderungen unserer Welt. Unser Lehrer sagt, dass es Aufgabe der Schule sei, uns auf die Zukunft vorzubereiten.
Unsere Welt verändere sich immer rasanter; und darum sei es so wichtig, schon früh zu lernen, wie man alte Denkmuster durchbricht und neu denkt.
9.45 Uhr
Nach Schulschluss können wir in die freiwillige
E-Study gehen und Übungsaufgaben mit den
E-Assistenten unseres Lehrers lösen. An zwei bis drei Tagen haben wir zu Hause Schule. Ich fahre gern ins Schulgebäude, weil ich meine Freunde dann live sehe und nicht nur im
Smartglass. Im Museum habe ich gehört, dass es früher Gruppenchats gab, in denen man alle Nachrichten lesen musste. Zum Glück
übernimmt das Sunita – sie zeigt mir nur die wichtigen Infos. Damit alles klappt, muss ich die Filtereinstellungen regelmässig checken.
Filter
Im Jahr 2035 ist es wichtig, alle Filter richtig zu setzen und die Einstellungen immer wieder zu prüfen.
16.45 Uhr
8.40 Uhr
Die grüne Fassade meiner Schule leuchtet schon aus der Ferne – sie besteht aus lebenden Algen und produziert Energie.
Zusammen mit den anderen laufe ich zum Geschichtsraum. Heute treffen wir
Imhotep, den Baumeister der ägyptischen Pyramiden. Rein virtuell, versteht sich. Mit Datenbrillen gehen wir durch sein Bauwerk, und er erklärt uns die
Geometrie, Details zur Architektur und den Alltag der Baustellenarbeiter.
Virtueller Tourismus
Cyber-Touristen reisen per
Datenbrille und besichtigen etwa die virtuellen Pyramiden.
Natürlich reist man auch noch in
«echt», am liebsten in unterirdischen Magnetschwebebahnen.
17.15 Uhr
19.20 Uhr
Nach dem Znacht habe ich noch Probe. Ich spiele
Schlagzeug in der Band Hot Feet. In meinem
Zimmer habe ich nur Schlagzeugstuhl und
Sticks; das Drumset ist virtuell. Das war die Idee meiner Eltern, so mache ich nämlich keinen
Krach. Ich setze Datenbrille und Kopfhörer auf und treffe die anderen im virtuellen Proberaum.
Heute geben wir alles, schliesslich spielen wir am Schulfest bald unser erstes Konzert. Danach bin ich durchgeschwitzt, dusche und falle ins
Bett. Zum Glück weiss Sunita, wann ich morgen aufstehen muss.
Smarter Kühlschrank
Die Einkaufsliste stellt der smarte
Kühlschrank selbst zusammen.
Gerade hat der Kühlschrank eine Nachricht geschickt: Ich soll Milch und Eier einkaufen. Und auf der Ämtliliste unserer Familie steht, dass ich heute mit Kochen dran bin. Als Wunschmenü haben die anderen «Überraschung» angekreuzt.
Super, dann gibt es Apfel-Zimt-Crêpes!
Klicken, klicken,
verzweifeln?
Suchen Jugendliche Informationen, greifen sie nicht mehr zum
Lexikon. Im Internet finden sie auf praktisch alle Fragen unzählige
Antworten. Wie aber suchen Jugendliche Inhalte effektiv?
Wie kommen sie an verlässliche Daten?
Das weltweite Web wird immer intensiver genutzt und wächst und wächst. Längst übersteigt die Menge der Daten und Informationen, die im
Internet veröffentlicht werden, unsere
Vorstellungskraft. Allein Google verarbeitet jede Sekunde 49’699 Suchanfragen. Im gleichen Augenblick werden 2’410’659 E-Mails verschickt,
104’214 Youtube-Videos angeschaut,
2’355 Fotos auf Instagram veröffentlicht, 9’622 Twitter-Tweets gepostet,
219’907 WhatsApp-Nachrichten verschickt, 54’976 Facebook-Status-Updates veröffentlicht, 52’196
Likes vergeben und 28’580 Gigabyte
Daten übertragen.*
Informationsflut – die Stärke des
Internets ist auch seine Schwäche:
Das Finden von zuverlässigen Informationen gleicht oft der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Nutzer verlieren sich in Seiten, die unpräzise oder irreführende Antworten liefern.
Oft sind sie auch ganz einfach falsch.
Wirklich beneidenswert, wer es versteht, sich verlässliche Informationen in einigermassen vernünftiger Zeit zu beschaffen.
Suchmaschinen verstehen
Die Tore zum unendlichen Irrgarten des Wissens sind Browser wie Safari oder Firefox. Die Wegweiser sind die
Suchmaschinen – in neun von zehn
Fällen Google. Und wie kommen wir zum Ziel? Google antwortet innert
Sekunden. Das schätzen Suchende.
Sie erhalten auf den ersten Blick zehn
Vorschläge zugespielt. Doch wie relevant sind diese zehn Links?
Einfache Suchanfragen, wie «100 cm in Inch umrechnen», führen ohne grosse Umschweife zum Ziel, die Antworten dürften in der Regel stimmen.
Tun sie es wirklich? Das eigenständige
Denken und das Überprüfen kann uns eine Suchmaschine nicht abnehmen.
Informationen kompetent recherchieren und bewerten erfordert mehr.
Dafür gibt es effektive Strategien, die
Jugendlichen genauso nützen wie
Erwachsenen: verschiedene Typen von Suchmaschinen unterscheiden; verstehen, nach welchen Prinzipien
Suchmaschinen arbeiten, und wissen, woran ihre Anbieter interessiert sind.
Auf dieser Basis schätzen Nutzerinnen und Nutzer Wahrheitsgehalt,
Relevanz und Glaubwürdigkeit der
Informationen bewusster ein – und damit besser.
Von der Suche zur Recherche
Jugendliche gehen mit digitalen Anwendungen intuitiv um. Sie stossen auf Texte, Zahlen, Grafiken, Bilder,
Videos und weitere Formate. Ein gewaltiges Rauschen, aus dem die gewünschten Klänge zu filtern sind.
Dafür gilt es, abzuschätzen, welche
Informationen bedeutsam und welche unbedeutend sind, welche wahr sind und welche nicht. Ein erster
Filter dafür sind die Kernfragen «Ist es wichtig für mich?» und «Stimmt es?».
Stellt sich die Nutzerin, der Nutzer diese Fragen, ist das ein bedeutender
Schritt vom simplen Suchen zum bewussten Recherchieren. Bedeutend, weil das Suchen und Finden von Informationen sowie das Weitergeben von
Daten (bewusst oder unbewusst) zu den grundlegenden Voraussetzungen für Informationskompetenz gehören.
Indem sie Informationen filtern, analysieren und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen, erwerben Kinder – angeleitet von ihren Eltern – erste
Informationskompetenzen. Die folgenden Beiträge, mit fachlichen
Einführungstexten und die konkreten
Tipps für Kinder und Jugendliche, richten sich deshalb an die ganze Familie.
SUCHEN MIT STRATEGIE
Fragen, fragen, fragen
Suchen oder recherchieren bedeutet vor allem eines: Fragen stellen. Bereits vor dem Loslegen im Internet: Welche
Art von Informationen braucht es?
Wo sind diese am leichtesten zu finden? Und welches Medium ist dafür geeignet? Daraus ergibt sich die passende Suchstrategie. Nicht immer ist das Internet die beste
Quelle, manchmal bringt der Gang zur Bibliothek mehr. Natürlich lässt sich auch beides kombinieren. Denn die Bestände aller grossen Bibliotheken lassen sich auch online durchsuchen, von zu Hause aus.
>> Der Kindertipp
Möchtest du wissen, wie du im
Internet am besten nach Informationen suchst? Dann geh’
«Mit Detektiv Eddie auf Spurensuche». In diesem interaktiven
Lernmodul erfährst du auch, was du bereits über das Recherchieren weisst
(internet-abc.ch/ kinder/suchen-finden-suchmaschinen.php)
.
>> Der Jugendtipp
Stell dein Surfverhalten auf den
Prüfstand. Du solltest verschiedene Möglichkeiten kennen:
Suchmaschinen, Suchkataloge,
Linklisten und Lexika. Mit der richtigen Strategie zum Suchen und Finden kommst du weiter.
* Quelle: internetlivestats.com
33
FINDEN UND HINTERFRAGEN
Eine gesunde Portion Misstrauen
Bei der Internetrecherche ist Skepsis wichtig. Denn Internetseiten kann jeder ins Internet stellen – und niemand prüft, ob das Geschriebene tatsächlich wahr und richtig ist! Dieses Prüfen liegt an uns.
Interessen prüfen: Wenn einem etwas besonders ans Herz gelegt wird, spielt eventuell nicht nur Überzeugung, sondern auch Geld eine
Rolle. So haben etwa Unternehmen wirtschaftliche Ziele. Interessen sind aber nicht immer finanzieller Natur:
Auch politische Parteien, Interessengruppen oder Privatpersonen betreiben Websites. Welche Interessen verfolgen sie? Wollen sie überzeugen, beeinflussen, informieren? Oder sich einfach in einem guten Licht präsentieren?
Kompetenz prüfen: Von wem stammt die Seite? Sind die Absender der Seite fachlich kompetent? Sind ihre Informationen mehr wert als die eines
Laien, über dessen Erfahrung man nichts weiss? Wann wurde die Seite erstellt? Wird sie aktualisiert?
Vergleichen: Eine Faustregel aus dem
Journalismus lautet «Verlasse dich niemals auf eine Quelle». Dasselbe gilt im Netz. Man sollte immer eine zweite Quelle zurate ziehen. Macht eine Seite insgesamt einen positiven und kompetenten Eindruck? Wie umfangreich sind die Informationen? Wie gut sind sie belegt, sind die
Quellen also angegeben? Werden
Autoren namentlich genannt und der
Hintergrund transparent gemacht?
>> Der Kindertipp
Gib dich nicht mit dem erstbesten Suchergebnis zufrieden.
Vergleiche die Informationen auf zwei, drei verschiedenen Seiten.
>> Der Jugendtipp
Lies immer den Vorschautext, bevor du auf einen Link klickst. Schau dir auch die Internet- adresse selbst genau an. Sie kann dir zeigen, ob ein seriöser Absender dahintersteckt.
SUCHHILFEN
Google und was noch?
Suchmaschinen sind heute fast ein
Synonym für Internet. Denn sie vermitteln zwischen uns und der Fülle an Informationen im Netz. Nach einer
Anfrage suchen Suchmaschinen aber nicht das ganze Internet ab, sondern nur ihre eigenen Verzeichnisse (Index) der gespeicherten Seiten. Grundsätzlich unterscheidet man drei Systeme:
Indexbasierte Suchmaschine: So- genannte Crawler durchsuchen das
Internet ständig. Sie analysieren die Daten algorithmisch – also mit einem Computerprogramm – und legen dann einen Suchindex an. Bei
Suchanfragen kontaktiert die Suchmaschine diesen Index. Beispiele sind
google.ch
,
bing.com
oder
search.ch
.
Ihr Vorteil: Die Suchergebnisliste folgt schnell und der Umfang des Indexes ist gigantisch.
Katalogbasierte Suchmaschine: Ein
Katalog präsentiert Suchergebnisse, die Menschen vorher zusammentragen, ordnen und teilweise gewichten.
Hinter den Ergebnissen steht also eine Redaktion. Beispiele sind offene
Verzeichnisse wie
dmoz.org
oder
Suchmaschinen für Kinder wie
fragfinn.de
. Ihr Vorteil: Menschen haben eine Vorauswahl für spätere
Nutzer getroffen.
Metasuchmaschine: Eine Metasuchmaschine sucht gleichzeitig mehrere
Suchmaschinen ab. Sie gewichtet die einzelnen Suchergebnisse der durchsuchten Indexsuchmaschinen und fügt sie in einer neuen Ergebnisliste zusammen. Beispiele sind
metager.de
,
ixquick.de
,
etools.ch
. Ihr Vorteil: Sie erfasst einen grösseren Datenbestand, die Relevanz der Ergebnisse ist höher.
>> Der Kindertipp
Richte mit deinen Eltern deine eigene Startseite ein. Zum
Beispiel
meine-startseite.de
, die auch auf mobilen Geräten funktioniert.
>> Der Jugendtipp
Neben den populären Helfern gibt es auch Spezialsuchmaschinen wie etwa
paperball.de
für Zeitungsnachrichten oder
vascoda.de
für wissenschaftliche
Informationen.
Ixquick.com
legt besonderen Wert auf Datenschutz und anonymes Suchen.
Auf bestimmte Themen spezialisiert haben sich etwa:
gesetze.ch
auf Gesetze oder
yasni.ch
auf Personen. Thematische Verbindungen in einer grafischen Datenwolke fasst
hulbee.com
zusammen.
35
GEZIELT GOOGELN
Weniger ist mehr
Suchmaschinen sind zwar sehr schnell, aber sie sind und bleiben Maschinen.
Weder kennen sie den Zusammenhang innerhalb einer Suche, noch die Motivation des Suchers. Erhalten sie keine passenden Hinweise, sind sie hilflos. Dann liefern sie zwar sehr viele, aber unpassende Ergebnisse. Wenige Ergebnisse, die besser passen, sind hilfreicher. Wer eine Suchmaschine einspannt, sollte deshalb einige grundlegende Tipps beachten:
>> Rechtschreibung kontrollieren
Suchbegriff korrekt schreiben.
>> Synonyme finden
Wie bezeichnet man den Suchbegriff auch noch? Zum Beispiel für «Velo» auch
«Fahrrad» suchen. Dabei hilft ein Synonymwörterbuch wie:
openthesaurus.de
,
wortschatz.uni-leipzig.de
,
woerterbuch.info
oder
duden.de
.
>> Einzahl und Mehrzahl ausprobieren
Viele Suchmaschinen liefern dafür unterschiedliche Ergebnisse.
>> Allgemeine Begriffe vermeiden
Artikel oder Füllwörter erzeugen meist nur unnötige Treffer.
>> Namen oder Wortgruppen verbinden
Vollständige Namen oder Wortgruppen zwischen Anführungszeichen setzen,
das liefert präzisere Ergebnisse.
>> Operatoren nutzen
Viele Suchmaschinen ermöglichen die Kombination von Suchbegriffen mit
sogenannten Operatoren. Den Operator «ODER» verwendet man zum Beispiel,
um Synonyme zu suchen. Also: «Velo ODER Fahrrad». Der Operator «NOT» oder
«-». schliesst bestimmte Begriffe aus. Also: «Velo ODER Fahrrad NOT Drahtesel».
support.google.com/websearch
>> Der Kindertipp
Suchst du kindgerechte Informationen? Dann lass Google links liegen und verwende die Kindersuchmaschinen
blinde-kuh.de
oder
fragfinn.de
. Hier findest du verständliche
Inhalte und bist vor Gefährlichem, Ekligem und vor Werbung geschützt.
>> Der Jugendtipp
Überlege, was auf den Seiten, die du finden möchtest, sonst noch stehen könnte.
Notiere dir diese Wörter und verwende sie für deine Suche.
DIE WIKIPEDIA
Alles Wiki oder was?
Wikipedia ist das umfangreichste
Online-Nachschlagewerk der Welt.
An diesem Lexikon kann jeder mitschreiben, der zu einem bestimmten
Thema etwas weiss. Es eignet sich gut für den Einstieg in ein Thema, gibt einen groben Überblick und leistet als
Wegweiser zu weiteren Informationen gute Dienste. Als alleinige Quelle ist Wikipedia hingegen nicht geeignet. Denn die Aussagen werden nur teilweise geprüft. Wer hat den Artikel verfasst? Weiss der Autor, wovon er spricht? Kann man Dinge auch anders sehen? Schliesslich erstellen oder bearbeiten auch Unternehmen, Parteien und Personen Wikipedia-Einträge
über sich selbst.
>> Der Kindertipp
Verständlicher geschrieben als in Wikipedia sind für dich die
Beiträge in Kinderlexika – zum
Beispiel im
klexikon.de
oder im
grundschulwiki.de
. Hier schreiben Kinder für Kinder. Mitmachen kannst auch du.
>> Der Jugendtipp
Die Pädagogische Hochschule
Bern hat ein nützliches Tool entwickelt, um einen Wiki- pedia-Artikel zu kontrollieren:
wikibu.ch
. Gib hier den Link zu einem beliebigen Wikipedia-
Artikel ein und die Software wertet verschiedene Faktoren aus. So etwa die Anzahl der
Autoren, Querverweise und
Quellennachweise. Daraus ergibt sich eine Punktzahl, die die statistische Qualität der Seite benennt.
DIE LINKLISTE
Die gute Startrampe
Ausgewählte Linklisten sind dankbare
Helfer. Sie steuern direkt die richtige
Seite an. Das spart Zeit, weil nicht jedes Mal eine Trefferliste der Suchmaschine durchforstet werden muss.
>> Der Kindertipp
Die älteste deutsche Kindersuchmaschine bietet Linktipps sortiert nach Themen:
blinde-kuh.de
. Und
wissen.de
bietet leicht verständliche, redigierte Beiträge.
>> Der Jugendtipp
Diese Kindersuchmaschine ist auch für Teenager noch hilfreich, denn es ist nicht nur eine Suchmaschine, sondern auch ein Wissensportal:
helles-koepfchen.ch
.
Im Schulfachnavigator findest du zu jedem Schulfach nützliche
Adressen im Netz:
internet-abc.
de/kinder/linktipps-schule.php.
Und hier hat eine 1. Sek aus dem
Kanton Schwyz eine Linkliste zusammengestellt und kommentiert:
sek1march.ch/links.php
.
37
38
Swisscom Corner
Hier stellen wir Ihnen nützliche Tools aus unseren eigenen Reihen vor.
Kosten kontrollieren
mit der App «My Swisscom»
>>
swisscom.ch/myswisscomapp
Die App ist kostenlos im App Store oder Google Play Store erhältlich.
Sie erkennen, welche Funktionen
Kosten verschlingen, und gewinnen den Überblick über Ihre Abokosten,
Ihre Verbindungskosten, Ihre Verbindungen. Mit dem Datenpaket fürs
Ausland wissen Sie und Ihre Kinder zudem auch weit weg von zu Hause, wo Sie mit Ihren Kosten stehen.
Übrigens: Neben der Kostenkontrolle bietet die App weitere nützliche
Informationen.
Zeit kontrollieren
mit der App «Offtime»
>>
swisscom.ch/offtime
Die App ist für drei Franken im App
Store oder Google Play Store erhältlich.
Wie lange sind Sie täglich online?
Und Ihre Kinder? Wagen Sie mal den
Vergleich: Die App «Offtime» zeigt Ihnen, was Sie mit dem Handy tun, wo und wie lange. Zusätzlich ermöglicht sie Ihnen, mit wenigen Klicks offline zu gehen. Swisscom ist Sponsorin dieses Angebots.
Prepaid-Angebot für Kinder
mit NATEL® easy start
>>
swisscom.ch/easystart
Als Sponsor (Familienmitglied) können Sie das Prepaid-Guthaben Ihres
Kindes jeden Monat automatisch mit einem festen Betrag aufladen. Und im
Notfall sind drei definierte Swisscom
Nummern auch ohne Guthaben erreichbar.
Geschützt fernsehen
mit der PIN-Funktion bei Swisscom TV
>>
swisscom.ch/kinderschutz-tv
Sie schützen Ihre Kinder, indem Sie bestimmte Sender sperren oder eine
Altersbegrenzung für Mietfilme festlegen. Und Sie schützen sich vor unliebsamen Kostenüberraschungen, indem Sie Filmkäufe mit PIN schützen oder eine Kostenlimite festlegen.
Geschützt surfen
mit der Swisscom Internetbox
>>
internetbox.swisscom.ch
Sie legen mit der Kinderschutzfunktion fest, wann die Tablets und Computer Ihrer Kinder mit dem Internet verbunden sind. Über einen Regler können Sie für jeden Wochentag und jedes Gerät individuelle und altersgerechte Surfzeiten einstellen. So bestimmen Sie, wann Schluss ist.
Medienkompetente Eltern,
Lehrpersonen und Schüler
mit den Medienkursen von Swisscom
>>
swisscom.ch/medienkurse
Hier lernen Sie die Welt Ihrer Kinder kennen. Sie erkennen Chancen und
Risiken, tauschen sich mit Gleichgesinnten aus und erfahren, wie Sie Ihre
Kinder begleiten können.
Bewusster Medienalltag in der Familie
mit der Elternplattform Medienstark
>>
medienstark.ch
Auf der Internetseite für Eltern stehen echte Familien im Mittelpunkt. Familien mit ihren Alltagsgeschichten und konkrete, praktische Tipps und Tricks für den Medienalltag in der Familie.
Impressum
Herausgeberin
Swisscom AG
Redaktion
Swisscom AG und Textkantine, Zürich
Realisation
Copyright
Nordjungs Werbeagentur, Zürich
© 2015 by Swisscom AG,
Corporate Responsibility, Bern
Ausgabe
enter
September 2015
Druck
Auflage
Ziegler Druck, Winterthur
250’000 Exemplare
PERFORMANCE
neutral
Drucksache
No. 01-15-589619 – www.myclimate.org
© myclimate – The Climate Protection Partnership
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Websites ändern sich ständig. Swisscom kann deshalb nicht für die Übereinstimmung der Zitate und Abbildungen mit den aktuellen Websites garantieren. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Fast alle Hard- und Software sowie Firmennamen und Firmenlogos, die in diesem Werk erwähnt werden, sind gleichzeitig auch eingetragene
Warenzeichen und sollten als solche betrachtet werden. Die Redaktion folgt bei den Produktbezeichnungen im Wesentlichen den Schreibweisen der Hersteller.
Sprachliche Gleichstellung: Werden Personenbezeichnungen im enter in der maskulinen
Form genannt, so schliessen diese auch die weibliche Form mit ein.
39

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- Vorbilder
- Informationsflut
- Big Data
- Selbstdarstellung
- Medienkompetenz